Lehren ziehen – Weichen stellen

Die U19 vom THW Kiel hatte das Viertelfinale der deutschen Meisterschaft vor Augen, am Ende mochte niemand so recht hinsehen. Eine Woche nach dem Rausch des 37:29-Erfolges gegen den TV Bittenfeld landeten die Zebras nach einem 25:35 im Achtelfinal-Rückspiel um die deutsche Meisterschaft auf dem Boden der Tatsachen.
Einer, der das Spiel untätig als Zuschauer miterleben musste, war Leif Haack. „Alle waren heiß auf dieses Spiel, aber wir sind einfach nicht in unser Tempospiel gekommen“, analysierte Haack. Der Rückraumspieler kuriert seit dem vergangenen Sommer einen Kreuzbandriss im rechten Knie aus und durchläuft gerade alle Aufbaumaßnahmen. Zusammen mit den ebenfalls nicht einsatzfähigen Akteuren Jesse Dahmke, Lukas Hase und Kian Kühl drückte ein Quartett außerhalb des Spielfeldes ihren Mitspielern kräftig die Daumen. „Uns sind zu viele Fehler in der Abwehr unterlaufen, und plötzlich hatte Bittenfeld die Halle im Rücken“, sah Haack durch die Unterstützung von 500 Zuschauern als ein großes Plus bei den Gastgebern.
Nun gilt es das Erlebte so schnell wie möglich zu verarbeiten. Helfen kann dabei die Arbeit mit der Sportpsychologin Dr. Inga Hahn. „Ich möchte dem Trainer nicht vorgreifen. Aus sportpsychologischer Sicht kann ich sagen, dass es allgemein nach Niederlagen wichtig ist, zunächst einmal Ärger, Wut und Enttäuschung rauszulassen. Es ist gut, wenn jeder Spieler erst einmal individuell die Zeit bekommt, alles zu verarbeiten und die Niederlage zu akzeptieren“, weiß Dr. Hahn.
Die Dienste der Sportpsychologin nutzt außerdem Leif Haack während seiner Reha- und Aufbauphase. „Ich muss meinem Kopf sagen, dass dort keine Schmerzen mehr auftreten können“, verrät Haack. Er stellt sich eine typische Bewegung eines Rückraumspielers vor, geht diese in visueller Form durch und lässt den eventuellen Schmerz hinter sich. Die mögliche Barriere im Kopf wird durch das Vorstellen einer Bewegung souverän umgangen. Unterbewusst werden die Muskelgruppen nicht nur angesteuert, sondern gestärkt. Inzwischen ist der U17-Nationalspieler sogar wieder zum geliebten Training in der Halle zurück und kann Übungen ohne Körperkontakt ausführen. Bei den vielen Maßnahmen außerhalb des Feldes begleitet ihn Physiotherapeut Christian Steen.
Zur neuen Saison will Leif Haack, der sich in einem Trainingsspiel im Juli vergangenen Jahres gegen die eigene U23 verletzte wieder angreifen. Das gilt natürlich darüber hinaus für die U19 des THW, die bis dahin die Erlebnisse aus der Partie gegen den TV Bittenfeld aus den Kleidern geschüttelt haben sollte. „Natürlich muss man seine Lehren aus dem ziehen, was schlecht gelaufen ist. Um mit Selbstbewusstsein in neue Herausforderungen zu gehen, sollte der Blick aber am Ende auf das Positive und die eigenen Stärken gerichtet werden“, erläutert Dr. Hahn.
Trainer André Lohrbach wird mit seinen Spielern den Hebel wieder Richtung Verbesserungen drehen. Genau wie bei einer Weiche der Eisenbahn. Die Lokomotive soll schließlich nicht noch einmal auf dem Abstellgleis landen.
